Unsere Stellungnahme zum Änderungsentwurf für das Sächsische Privatrundfunkgesetzes (SächsPRG)

Nach der Landtagswahl 2019 schrieben die, damals drei, Freien Radios Sachsens die „Hallesche Erklärung“, in der es hieß:

„Sachsen hat gewählt. Die […] Fragmentation zeigt sich im Wahlergebnis deutlicher als je zuvor. So schwierig die Bildung einer Koalition werden wird, so stark sind die Erwartungen, die man an eine künftige sächsische Regierung stellen muss. In Bezug auf Medien wird dies sein, den nichtkommerziellen Rundfunk endlich vollgültig als dritte Säule der Medienlandschaft anzuerkennen und bestmöglich zu unterstützen. Regionen und Generationen dürfen nicht aus dem Diskurs verlorengehen.“

Kurz vor dem Ende der Legislatur liegt nun ein Entwurf für ein Privatrundfunkgesetz vor, der hinter den selbst gestellten Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag zurückbleibt. In diesem einigte sich die Koalition, die „Aufgaben und die Gremienstruktur der Sächsische Landesmedienanstalt (SLM) grundsätzlich an[zu]passen“. Die Feststellung „Nicht-kommerzielle Lokal-Medien sind eine wichtige Säule der lokalen Medienvielfalt“ findet keine Übersetzung in den aktuellen Entwurf. Darüber hinaus werden an ein zukunftsweisendes Mediensystem zu stellende Ansprüche nicht erfüllt. 

Der schon 2019 beobachtete Ansehensverlust von Repräsentativer Demokratie und die mangelnde Bereitschaft gesellschaftliche Konflikte zum Besseren auszuhandeln hat sich seitdem eher vertieft. Die Töne der Antidemokrat:innen werden schriller, den Demokrat:innen schwindet angesichts dessen der Mut, Differenzen zwischen den verschiedenen Parteipositionen offen zu diskutieren.

Die politische Fragmentation ist nicht das Einzige, was unser Mediensystem unter Druck bringt. Die Vielzahl der hinzugekommenen Ausspielwege und die Tendenz zur asynchronen Mediennutzung fragmentieren ebenso die Medien und bringen die Geschäftsmodelle privater Rundfunkveranstalter:innen unter Druck. Der Verlust zentraler Bezugspunkte gesellschaftlicher Diskurse und die Möglichkeiten technisch befeuerter Propaganda treiben die Erosion bürgerlicher Öffentlichkeit voran.

Community Media unterliegen den aufgezeigten Zwängen weniger. Über ihren speziellen Zugang stärken sie Medienkompetenz und die Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Die redaktionellen Aushandlungsprozesse und die Rückbindung an eine gemeinsame Charta stärken Bereitschaft und Befähigung zu demokratischen Aushandlungsprozessen. Der gesellschaftliche Wert dieser Rolle für die Demokratie sollte rechtlich, wie finanziell anerkannt werden.

Es ist nicht falsch, formale Probleme eines Gesetzes zu überarbeiten, jedoch ist dies in der gegenwärtigen Situation noch nicht ausreichend. Es gibt gute Gründe neben den großen Anstalten des ÖR, Privaten Rundfunk und Community Media (s.u.) zu erhalten. Der Gesetzentwurf gibt weder einen Anhaltspunkt, wie die wirtschaftliche Krise privater Medien zu lösen wäre, noch würdigt er das diskursive und partizipative Potential von Community Media. Der Entwurf stellt keine Kriterien bereit, nach denen sich das demokratiefördernde Potential von Nicht-Kommerziellen Lokal-Medien bewerten ließe.

Der vorliegende Entwurf zur Änderung des SächsPRG bleibt hinter dem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zurück, „die sächsische Medienlandschaft zukunftsfest [zu] machen“.

Hintergrund: Struktur und Bedeutung von Community Media

Community Media tragen ein erhebliches Potential zum Community Building in sich. Sie sind Austragungs- und Umschlagplätze demokratischer Selbstverständigungsprozesse. Man kann sie schwer mit herkömmlichen Massenmedien vergleichen. Das liegt auch an den eigenen Versuchen der Auflösung der Differenz zwischen Sender und Empfänger. Gegen neue soziale Medien setzen sich Freie Radios ab, indem sie weiter einen Schwerpunkt auf redaktionelle Arbeit, Inklusion, Berücksichtigung von Minderheiten und lineare Verbreitung sowie face to face Kommunikation setzen. Hier passiert das, was Demokratie ausmacht. Hier kommen Menschen mit unterschiedlichen Positionen miteinander ins Gespräch. Die Freien Radios verfügen über eine gute Anbindung an Politik, Kultur und zivilgesellschaftliche Akteure ihrer jeweiligen Städte und Regionen. Sie haben sich in knapp drei Jahrzehnten eine Stammhörer:innenschaft erarbeitet. Die Radios bündeln Energien und Erfahrungen, die geeignet sind, neue Akteur:innen und Regionen zu integrieren.

Der Begriff nichtkommerzieller Lokalfunk spiegelt nur unzureichend die partizipativen Potentiale. Die diesbezügliche Indifferenz führte im letzten Jahr zu einer Medienratsentscheidung, einen ehemals privatwirtschaftlichen Akteur mit Mitteln zu fördern, die für die Förderung lokaljournalistischer Vielfalt vorgesehen waren, nur weil das Radio keine Werbeeinnahmen mehr hat.

Der Sächsische Landesverband Freier Radios e.V.

Der Sächsischer Landesverband Freier Radios e.V. ist der Interessensverband der Freien Radios in Sachsen sowie der angeschlossenen Kultur- und Demokratie-Initiativen. Er vertritt damit über 500 ehrenamtliche Redakteurinnen und Redakteure im Freistaat. Der SLFR e.V. betreibt das Community Radio „Rundfunkkombinat Sachsen“, das landesweit auf DAB+ zu empfangen ist.

Der Verband bekennt sich zur Charta des Bundesverbandes Freier Radios (BFR).

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